Online-Attest ohne vorherige Untersuchung begründet keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung
Das Arbeitsgericht Berlin (Urteil vom 1. April 2021, Az 42 Ca 16289/20) hatte über die Beweiskraft einer über einen Online-Dienst ausgestellten Attests zu entscheiden. Dabei beurteilte das Gericht ein solches Online-Attest, was ohne vorherige ärztliche Untersuchung ausgestellt wurde, als nicht geeignet, den Beweis der Arbeitsunfähigkeit zu erbringen.
Der Online-Dienst www.au-schein.de ermöglichte es Arbeitnehmern gegen Zahlung einer Gebühr eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten. Dabei wurde keine Untersuchung und kein Patientengespräch geführt. Vielmehr beantwortete der Arbeitnehmer einige für zahlreiche Krankheitsbilder vorformulierte Fragen zum Gesundheitszustand (z.B. für Erkältungskrankheiten, Magen-Darm-Infekt, Rückenschmerzen etc).
Dies reichte dem Arbeitsgericht Berlin nicht aus. Eine ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung liege nicht vor, wenn der Ausstellung keine Untersuchung vorausging und mangels Patientenbeziehung eine Ferndiagnose ausscheide.
Daran ändert auch die aktuelle Sonderregelung zur telefonischen Krankschreibung aufgrund der Corona-Pandemie nichts: denn auch diese erfordert mindestens ein telefonisches Gespräch über den Gesundheitszustand des Patienten.
Offen bleibt freilich die Frage, wie ein Arbeitgeber eine solche „Online-Krankschreibung“ erkennen kann. Optisch unterscheiden diese sich nämlich nicht von anderen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Indiz kann allerdings eine fehlende Vertragsarztnummer auf der Bescheinigung oder auch eine große Entfernung zwischen Wohnort/Arbeitsort des Arbeitnehmers und dem Ort der Praxis des ausstellenden Arztes sein.