Einigung über Tarifreformpaket abgeschlossen

Nach fünf teils zähen Tarifverhandlungen am 4. März, 19. März, 12. Mai, 23. Juni und 3./4. Juli konnten sich die Tarifvertragsparteien nun abschließend auf neue tarifliche Regelungen verständigen. Nachdem sich die Tarifkommissionen in der letzten Verhandlungsrunde am 3./4. Juni 2015 bereits weitgehend auf Eckpunkte geeinigt hatten, wurden in den letzten Tagen auch die noch verbliebenen Streitpunkte geklärt. Erstmals wurden auch sämtliche Tarifverträge für das gesamte Bundesgebiet verhandelt. Bisher hatte das Land Berlin aus historischen Gründen noch teils eigene Tarifverträge.

Bei den Tarifverhandlungen im Gerüstbauer-Handwerk ging es in diesem Jahr nicht allein um die Fortsetzung der von Gewerkschaftsseite gekündigten Tarifverträge Lohn und Ausbildungsvergütung. Ein besonderer Schwerpunkt lag vielmehr auf einem Reformpaket, für welches viele der seit 2002 unveränderten tariflichen Regelungen zuvor auf den Prüfstand gestellt worden waren. Bundesinnung und Bundesverband hatten dies seit langem gefordert.

Bereits seit 2013 gab es hierzu eine gemeinsame Arbeitsgruppe, die sich mit möglichen Änderungen im Rahmentarifvertrag (RTV), Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren (VTV), Lohnausgleichstarifvertrag, dem Tarifvertrag über die Berufsbildung (TV Berufsbildung) sowie mit Neugestaltungen im Bereich Fortbildung und der Einführung einer tariflichen Zusatzrente im Gerüstbauer-Handwerk verständigt.

Eine wesentliche und vor dem Hintergrund des Fachkräftebedarfs sehr wichtige Neuerung liegt im Bereich der Fortbildungsmöglichkeiten. Hier soll es zukünftig deutlich mehr Qualifzierungsmöglichkeiten in der Branche geben, die von der Sozialkasse gefördert werden; die erste Wahl bleibt jedoch nach wie vor die Ausbildung. Gleichzeitig wurden mit einer Neuausrichtung der Berufsgruppen Anreize für die Ausbildung wie auch für die Fortbildung gesetzt.

Eine weitere wesentliche Entscheidung haben die Tarifvertragsparteien getroffen, indem sie sich für eine Einführung des Saison-Kurzarbeitergeldes ausgesprochen haben, welches ab 2018 das tarifliche Überbrückungsgeld ersetzen soll. Die Teilnahme am Saison-Kurzarbeitergeld ist bisher nach Ausschöpfung der tariflichen Möglichkeiten auch möglich, jedoch ohne dass dem Arbeitgeber der entstehende Sozialversicherungsaufwand erstattet wird. Dies soll zukünftig ermöglicht werden.

Die tariflichen Rahmenbedingungen wurden an vielen Stellen an die betriebliche Praxis angepasst. Beispielsweise wurden die Regelungen zum Arbeitszeitkonto stärker flexibilisiert und an einigen Stellen an den Mindestlohn-Tarifvertrag angeglichen. Die Insolvenzsicherung der Arbeitszeitkonten wird zukünftig über das Umlageverfahren im Sozialkassenverfahren erfolgen. Des Weiteren berücksichtigen die Fahrtkosten- und Auslöseregelungen stärker die steuerrechtlichen Grundlagen. Aus betrieblicher Sicht vorteilhaft sind auch der Wegfall diverser Freistellungstage sowie die Abschaffung der Fahrzulage von 9,00 €, an deren Stelle die in der Praxis bereits heute meist anzutreffende Vergütung der notwendigen Zeit wie Arbeitszeit tritt.

Änderungen gibt es zukünftig auch im Sozialkassenverfahren sowie beim Lohnausgleichsverfahren. Beispielsweise werden zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens ein Saldierungsverfahren eingeführt und elektronische Meldungen zugelassen. Weiter wurden die bisher bei den einzelnen Sozialkassenleistungen stark unterschiedlichen Erstattungssätze des Sozialversicherungsbeitrags nunmehr auf 35% vereinheitlicht. Bei allen vorgenommenen Änderungen und eingegangenen Kompromissen war für Bundesinnung und Bundesverband stets wesentlich, dass der Sozialkassenbeitrag nicht steigt. Der Beitrag wird– trotz der erheblichen Umstrukturierungen – nach wie vor bei 25% bleiben.

Andere aus Arbeitgebersicht wichtige Themen, wie eine praxisgerechtere Fahrtzeitenregelung oder eine grundlegende Reform der Altersvorsorge konnte nicht zu einer Einigungslösung geführt werden. Hier lagen die Vorstellungen der Tarifvertragsparteien zu weit auseinander.

Die Lohnverhandlungen standen diesmal in engem Zusammenhang mit der berufspolitischen Zielsetzung, die Qualifizierung von Fachkräften weiter zu fördern. Entsprechend gab es hier für einzelne Berufsgruppen ab dem ausgebildeten Gerüstbauer teils deutliche Lohnsteigerungen bei einer Laufzeit von 24 Monaten und drei Monaten. Die unteren Lohngruppen erhalten zum Ausgleich der Entzerrung der Lohngruppen Fixzahlungen. Die Ausbildungsvergütungen wurden ebenfalls entsprechend angehoben.

Für den Mindestlohn-Tarifvertrag, der am 31. März 2016 endet, wurde der Anschlusstarifvertrag ab 1. April 2016 verhandelt. Danach steigt der Mindestlohn ab 1. April 2016 von 10,50 € auf dann 10,70€ bis zum 30. April 2017. Ab dem 1. Mai 2017 beträgt der Mindestlohn dann 11,00 € mit einer Laufzeit bis 2018. Es wurden außerdem die Regelungen für Schulpraktikanten erweitert, die unter bestimmten Voraussetzungen zukünftig vom Mindestlohn ausgenommen sind.

Der Lohntarifvertrag und der Tarifvertrag zur Regelung der Ausbildungsvergütung treten am 1. August 2015 in Kraft. Der Rahmentarifvertrag soll ebenfalls zum 1. August 2015 in Kraft treten. Die Verfahrenstarifverträge, Lohnausgleichs-Tarifvertrag, Tarifvertrag Tarifliche Zusatzrente und TV Berufsbildung treten voraussichtlich am 1. September in Kraft.

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