Nach dem Ampel-Aus: Handwerk kritisiert Hängepartie

„Was wir uns nicht leisten können, ist Stillstand“, betonte der der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Jörg Dittrich, nach dem Aus für die Ampel. Politiker aller Parteien stünden nun in der Verantwortung, die Entscheidungen, die noch gemeinsam getroffen werden können, auch gemeinsam zu treffen. „Ein monatelanges politisches Entscheidungsvakuum muss in jedem Fall zum Wohle der Betriebe und ihrer Beschäftigten abgewendet werden. Unsicherheit ist Gift für die wirtschaftliche Aktivität“, so Dittrich.

Doch genau diese Unsicherheit herrscht aktuell. Hauptproblem: Deutschland hat bislang keinen Haushalt für das kommende Jahr, auch der Nachtragshaushalt für 2024 wurde bislang nicht verabschiedet. Für die nächsten Monate sieht es deshalb nach einer vorläufigen Haushaltsführung aus. Viele Ausgaben des Bundes liegen damit erst einmal auf Eis – was auch deutliche Auswirkungen für das Handwerk hat.

So kann der Staat beispielsweise bis zur Verabschiedung eines neuen Haushalts keine neuen Aufträge für Straße und Schiene vergeben, obwohl gerade hier dringend investiert werden müsste. Auch die Fördertöpfe im Bereich Neubau drohen auszulaufen – eine Katastrophe für den ohnehin tief in der Krise steckenden Neubausektor. „Würde im kommenden Jahr die Neubauförderung komplett wegfallen, wirft uns das im Wohnungsbau um weitere Jahre zurück“, prognostiziert Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe.

Aktuell diskutiert wird auch über die staatliche Förderung der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU) unter den Rahmenbedingungen einer vorläufigen Haushaltsführung. Würden hier Fördergelder zurückgehalten, hätte das unabsehbare Konsequenzen für die Qualität der beruflichen Bildung.

In der Luft hängen zudem etliche Gesetzesvorhaben der Ampel, etwa das neue Aufstiegs-Bafög-Gesetz. „Über 125.000 Betriebsnachfolgen müssen in den kommenden fünf Jahren im Handwerk geregelt werden. Dafür braucht es bestens beruflich qualifizierte Meisterinnen und Meister“, betonte ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke gegenüber dem „Handelsblatt“. Das Aufstiegs-Bafög sei dabei das zentrale Instrument des Bundes, um Karrierechancen in der beruflichen Bildung zu fördern. „Deshalb muss der Deutsche Bundestag das bereits begonnene parlamentarische Gesetzgebungsverfahren noch in diesem Jahr abschließen und das neue Aufstiegs-Bafög verabschieden“, so Schwannecke.

Unklar ist auch die Zukunft des zuletzt vom Bundeskabinett beschlossenen Tariftreuegesetzes. Es soll sicherstellen, dass Aufträge des Bundes künftig nur noch an Firmen gehen, die ihren Beschäftigten tarifvertragliche Löhne und Arbeitsbedingungen gewähren. Im Handwerk wird das Vorhaben allerdings kritisch gesehen – trotz des prinzipiell positiven Anliegens und der Einarbeitung einzelner von den Verbänden geforderter Änderungen. Das Gesetz würde nämlich besonders für kleine und mittlere Betriebe hohe bürokratische Hürden mit sich bringen – zusätzlich zur ohnehin schon heftigen bürokratischen Belastung. Da Union und FDP diese Kritikpunkte teilen, ist derzeit noch nicht abzusehen, ob das Gesetz im Bundestag eine Mehrheit finden wird. Zudem muss auch der Bundesrat noch zustimmen.

Bundesinnung und Bundesverband Gerüstbau schließen sich den Forderungen der anderen Handwerksverbände an: Es darf kein monatelanges Entscheidungsvakuum geben. Vertreter aller demokratischen Parteien sind nun gefragt, mutige Entscheidungen für das Wohl unserer Wirtschaft zu treffen und sich nicht in parteipolitischen und wahlkampftaktischen Scharmützeln zu verlieren.   

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