Organisation ist das A und O: Groß-Seminar lockt hunderte Teilnehmer nach Hannover

Was für ein schönes und zugleich schon fast ungewohntes Bild nach mehr als zweieinhalb Jahren Corona-Pandemie: ein Konferenzsaal voller Menschen, gespannt, wissbegierig, diskussionsfreudig. Dazu knapp zwei Dutzend Referenten, überwiegend Fachleute aus der Gerüstbaubranche, aber auch Experten von außerhalb, die – eingeführt vom souveränen Moderator Frank Schimmer – spannende Impulse zu setzen wussten. Schließlich ein Thema, das umfänglicher kaum hätte sein können: Organisation, in allen denkbaren Bereichen, vom ersten Angebot über die Montage bis hin zur Rückkehr auf den Hof.

Dass die Themenwahl den Nagel auf den Kopf getroffen hatte, zeigte ein gleich zu Beginn erhobenes Stimmungsbild unter den Teilnehmern: Auf die Frage „Ist eine Optimierung der betrieblichen Organisationsstrukturen zwischen Büro und Baustelle im Gerüstbauhandwerk notwendig?“ antwortete auch nicht ein einziger mit Nein.

Im einleitenden Abschnitt der Tagung stand die Planungsphase im Mittelpunkt: Unter der Überschrift „Planung von Anfragen“ brach der erste Referent eine Lanze für eine sorgfältige Angebotsselektion und stellte darüber hinaus das im eigenen Betrieb mit Erfolg praktizierte Wunschkunden-Projekt vor. Ein zweites Referat widmete sich der digitalen Planungsmethode BIM („Building Information Modeling“), die – obwohl ziemlich komplex und in der Branche nicht unumstritten – auch im Gerüstbau gewinnbringend eingesetzt werden könnte.

Weiter ging es mit dem oft vernachlässigten Thema Kalkulation, zumal angesichts der stark gestiegenen Material- und Energiekosten, sowie der Vorstellung der neuen DIN SPEC 91439 und der dort festgeschriebenen technischen Spezifikationen und Standards. Ein weiterer Vortrag befasste sich schließlich mit der vorvertraglichen Planung und den häufig versäumten Hinweis- und Aufklärungspflichten des Bauherrn, die – wie der Referent eindringlich ins Gedächtnis rief – eben keine Serviceleistung des Gerüstbauers sind.

Erstmals bei einem Groß-Seminar gab es dann eine Podiumsdiskussion: Unter der Überschrift „Visionen zu EDV-Lösungen im Gerüstbau“ diskutierten Software-Fachleute mit Gerüstbauern über das Thema Digitalisierung. Wobei sich durchaus unterschiedliche Ansätze herauskristallisierten. So forderten einige Teilnehmer eine einheitliche Branchensoftware, während andere sich klar für Einzellösungen, zugeschnitten auf den jeweiligen Betrieb aussprachen. Vielleicht aber liegt der Königsweg in einem von Moderator Schimmer eingebrachten Kompromiss: Eine offene Struktur, die den Unternehmen neben einer gemeinsamen Basis Möglichkeiten zum Andocken nach ihren individuellen Bedürfnissen bietet.

Doch damit war der Seminartag noch nicht zu Ende: Mit zwei letzten Vorträgen ging es quasi auf die Baustelle. Dabei warb der erste Referent mit Nachdruck für das Abfassen einer sorgfältigen Montageanweisung, um unnötige Fehler beim Aufbau des Gerüsts zu vermeiden und den Arbeitern vor Ort unnötigen Druck zu ersparen. Ein weiterer Referent stellte schließlich das noch ziemlich neue FASI-Modul im Arbeitsschutzportal basISS.net vor, das mit einem Begehungsprotokoll eine ganzheitliche und übersichtliche Vorlage für die Betriebsbegehung bietet.

Das Thema Logistik bestimmte dann den ersten Block des zweiten Seminartags. Hier ging es zunächst um Beispiele für Transportkonzepte aus der eigenen, aber auch aus fremden Branchen, die ebenfalls wie der Gerüstbau mit Materialkreisläufen zu tun haben. Des Weiteren wurden Möglichkeiten der Automatisierung in der Logistikkette vorgestellt und Ideen präsentiert, wie sich die Erfassung der Rücktransporte effizienter gestalten lässt. Über allem stand dabei die Erkenntnis: Nicht die Montage, sondern die vorgelagerten Prozesse sind entscheidend für die Produktivität eines Gerüstbauunternehmens. Und hierbei spielt die Logistik eine ganz zentrale Rolle.

Weiter ging es mit juristischen Themen: Wer ist für was rechtlich verantwortlich auf der Baustelle? Diese Frage, so der Referent, sei entscheidend für eine erfolgreiche Organisation. Doch nicht immer wüssten Gerüstbauer hier im Detail Bescheid. Ein weiterer Vortrag schilderte aus Sicht einer staatlichen Aufsichtsbehörde, was Unternehmer in ihren Betrieben in Sachen Arbeitsschutz regelmäßig prüfen lassen müssen. Und damit nicht genug: Auch das Thema Aufsichtspersonen stand noch auf dem Programm – im eigenen wie außerhalb des Betriebs –, inklusive des eindringlichen Plädoyers, externe Aufsichtspersonen nicht als Störenfriede, sondern als Partner zu begreifen, die den Gerüstbauer in wichtigen Belangen unterstützen können.

Mit dem Thema „Stiefkind Baustelleneinrichtung“ ging es dann in den Endspurt: Anhand zahlreicher Beispiele aus der Praxis, zeigte der Referent dabei auf, was es etwa an Straßen und Radwegen zu beachten gilt oder welche sanitären Einrichtungen, abhängig von der Baustellengröße, vorzuhalten sind. Zu guter Letzt stand dann noch das Thema Störungen im Bauablauf auf dem Programm. Hier gab es konkrete Tipps, wie in Verträgen und Leistungsverzeichnissen mit der Problematik umzugehen ist und die Aufforderung an alle Betroffenen, durch eine nachvollziehbare Dokumentation den Umgang mit Ablaufstörungen für alle Seiten zu erleichtern.

Trotz der Fülle und Bandbreite der Vorträge – überfordert fühlte sich zum Schluss niemand. Im Gegenteil: „Sehr erfreut waren wir über die hohen Teilnehmerzahlen vor Ort wie auch online, die bis zum Schluss des Seminars anhielten. Das zeigt, was auch viele Teilnehmer zum Ausdruck brachten: Das Seminar enthielt unheimlich viele spannende Themen und es war großartig, sich wieder so intensiv austauschen zu können!“, fasste Sabrina Luther, Geschäftsführerin der Bundesinnung und des Bundesverbandes Gerüstbau, die Stimmung zusammen.

Info: Den kompletten Seminarablauf mit allen Referenten finden Sie hier.

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