Urteil des BGH zur Abrechnung der Gebrauchsüberlassung bei verringerter Vorhaltezeit

In dem Fall hatte der Auftraggeber den Auftragnehmer mit der Errichtung und Vorhaltung einer Stahlgleitwand im Rahmen einer Straßenbaumaßnahme beauftragt. Als Vorhaltezeit wurden 588 Tage vereinbart. Für die Vorhaltung der Stahlgleitwand enthielt das Leistungsverzeichnis eine entsprechende Position. Nach Zuschlagserteilung ordnete der Auftraggeber eine Bauzeitverkürzung auf 333 Tage an. Hierdurch verkürzte sich auch die Vorhaltezeit der Stahlgleitwand. Der Auftragnehmer verlangte deshalb „entgangenen Gewinn“ für die nicht in Anspruch genommene Vorhaltezeit, was der Auftraggeber allerdings ablehnte. Der BGH gab der Klage des Auftragnehmers statt.

Nach der Entscheidung des BGH steht dem Auftragnehmer ein Anspruch nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B zu. Die vom Auftraggeber angeordnete Verkürzung des Vorhaltezeitraums auf 333 Tage ist einer Teilkündigung des Vertrags gleichzustellen. Damit hat der Auftragnehmer Anspruch auf die vereinbarte Vergütung, er muss sich jedoch anrechnen lassen, was er an Kosten erspart oder an Vergütung anderweitig erworben bzw. zu erwerben bösgläubig unterlassen hat. Gleiches würde gelten, wenn man in der Verkürzung der Bauzeit eine einvernehmliche (Teil-)Vertragsaufhebung sieht. Denn auch in diesem Fall richten sich die Ansprüche des Auftragnehmers nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B, sofern sich die Parteien über die Folgen der Vertragsbeendigung nicht anderweitig geeinigt haben (vgl. BGH, Urteil vom 04.06.1973, Az. VII ZR 113/71).

Die Entscheidung hat auch für den Gerüstbau hohe Praxisrelevanz, weil ein „Abbestellen“ des Gerüstes vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Vorhaltezeit an der Tagesordnung ist.

Hinweis:

Bei der Abrechnung nach erfolgter freier Kündigung muss der Auftragnehmer auf die sog. Doppel-Berechnung achten. Das heißt, er muss in der Rechnung zwischen der Vergütung für bereits erbrachte Leistungen und der Vergütung für aufgrund der Kündigung nicht erbrachten Leistungen trennen.

 

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