Wer zuerst kommt, normt zuerst – Normung wird wirtschaftspolitisch bedeutsamer
Die „Deutsche Industrienorm“ wurde schon in den 1920er Jahren zeitweise für die Abkürzung DIN, des heutigen Namensgebers, Deutsches Institut für Normung e. V., ausgerufen. Diese heute veraltete Namensgebung zeigt aber den ursprünglichen Charakter des in der Hauptsache zunächst für technische Dinge erarbeiteten freiwilligen Standards.
Normung bedeutete schon von Beginn an einen Vorsprung für die Eigenschaften von Produkten, wenn es um deren Herstellung ging. Später nahm auch die Vereinheitlichung immaterieller Gegenstände Einzug in die Normung.
Gut einhundert Jahre nach der ersten Norm, der DIN 1 – Kegelstifte, aus dem Jahre 1918 – hat man diese Vorteile auch für andere „Normungsgegenstände“ auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene erkannt. Es lassen sich nicht nur technische Produkte normen, sondern auch Abrechnungsmodalitäten, wie z. B. die Grundzüge unserer heutigen VOB, insbesondere unsere ATV DIN 18451. Auch Dienstleistungen, Managementsysteme oder Qualifizierungen werden mittlerweile von sogenannten interessierten Kreisen genormt.
Am Beispiel unserer Gerüstbaunormenfamilie, benachbarter Normen der technischen Bauhilfsmittel und eben unserer Abrechnungsnorm ist erkennbar, dass auch die Bundesinnung ein Interesse hat, sich traditionell der Normenarbeit zu widmen. Dies hat einen bestimmten Grund. Wie die Bezeichnung der interessierten Kreise schon deutlich macht, sind es vor allen Dingen solche Vertreter, die sich an der Normung beteiligen möchten, die ein bestimmtes, zumeist wirtschaftliches Interesse an dem vereinheitlichten Produkt, der Dienstleistung oder dem Managementsystem haben. Die Erschließung neuer Märkte ist dabei ein neuartiges, gestecktes Ziel.
Spürbar wird dies zunehmend – zunächst sichtbar für die in der Normung aktiven Innungsvertreter – an asiatisch gelenkten Normungsvorstößen, von denen wir über die Beteiligung im TC 53, also der Heimat unserer Gerüstbaunormen DIN EN 12811 etc., Kenntnis erlangen. Ginge es um Milchtüten oder Kleiderbügel könnte es der Innungsgemeinschaft gleichgültig sein, aber es geht eben manchmal auch um Produkte oder Materialien, die dem Markt des Gerüstes ähnlich sind. Damit die Hersteller unserer Gerüstsysteme und am Ende auch die Verwender, also die Ersteller von Gerüsten, keine bösen Überraschungen erleben, engagiert sich die Innung mit ihren Vertretern aktiv in der Normung – national, wie international.
Mit an Bord sind neben Vertretern aus der Wissenschaft auch immer die Sozialpartner, wie beispielsweise Vertreter des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, die mit ihrer jeweils vorrangigen Interessenlage ebenso kritisch auf diese Entwicklungen schauen wie wir aus Sicht des Gerüstbaus.