„Muss gestoppt werden“: Neue Gefahrstoffverordnung stößt auf massive Kritik

Ende Juni hat das Bundesarbeitsministerium auf seiner Homepage einen neuen Referentenentwurf zur Änderung der Gefahrstoffverordnung veröffentlicht. In der Bauwirtschaft ist dieser Entwurf auf massive Kritik gestoßen.
„Der Entwurf der Gefahrstoffverordnung ist eine große Enttäuschung und muss mit Blick auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten sofort gestoppt werden“, kommentierte etwa Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe, das Papier. Der Entwurf lasse die Handwerksunternehmen und ihre Beschäftigten allein im Umgang mit Asbest und anderen Gefahrstoffen. „Er ist eine komplette Absage an das, was wir in 15 Jahren gemeinsamen Asbestdialog erarbeitet haben.“
Hauptkritikpunkt ist die Abkehr von der sogenannten Erkundungspflicht des Bauherrn. In der früheren Fassung des Entwurfs sollte dem Eigentümer eines vor 1993 errichteten Gebäudes die Pflicht zugeschrieben werden, vor Beauftragung einer Sanierungsmaßnahme zu erkunden, ob und welche Gefahrstoffe bei der Sanierung zu erwarten sind. Auf der Basis dieser vom Bauherrn gelieferten Informationen hätten die Bauunternehmen ihre Angebote kalkulieren und nach der Gefährdungsbeurteilung entsprechende Schutzmaßnahmen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter festlegen können.
Die jetzt veröffentlichte Neufassung des Referentenentwurfs verwendet das Wort Erkundung nicht mehr. Stattdessen soll der Bauherr nurmehr verpflichtet werden, alle ihm vorliegenden Informationen zur Bau- oder Nutzungsgeschichte über vorhandene oder vermutete Gefahrstoffe schriftlich oder elektronisch zur Verfügung zu stellen. Hierbei habe er sich „in zumutbarem Aufwand der ihm zugänglichen Unterlagen zu bedienen“. Gerade im privaten Gebäudesektor liegen dem Eigentümer aber oftmals keine Informationen zu Schadstoffen vor. Er müsste diese deshalb „erkunden“ lassen.
Im Extremfall könnte die Neuregelung dazu führen, dass jeder einzelne Handwerker bei einer Sanierungsmaßnahme erkunden muss, ob in seinem Bereich Gefahrstoffe zu erwarten sind, um dann eine entsprechende Gefährdungsbeurteilung verfassen zu können. Das verschiebt zum einen die Bringschuld auf die Seite des Handwerkers. Zudem wäre es für den Eigentümer vermutlich günstiger, die erste technische Erkundung umfassend durchführen zu lassen, als für jede Maßnahme an verschiedenen Bauteilen (Boden/Wand/Dach/Fenster...) jeden einzelnen Handwerker für technische Erkundungen zu bezahlen.
Verschiedene Verbände der Bau- und Entsorgungswirtschaft haben deshalb Anfang Juli einen Brandbrief ans Bundeskanzleramt sowie vier weitere beteiligte Ministerien geschickt. Auch Bundesinnung und Bundesverband Gerüstbau unterstützen den Protest der Bauverbände. Denn sollte die geplante Neufassung beschlossen werden, wäre das nicht nur nachteilig für das Handwerk. Im schlimmsten Fall könnte sie einen fahrlässigen Umgang insbesondere mit Asbest zum Schaden von Umwelt und Mitmenschen provozieren. Gemeinsam mit den anderen beteiligten Verbänden bringen wir uns deshalb in die politische Diskussion ein, in der Hoffnung, vor Verabschiedung der Verordnung noch entscheidende Änderungen erwirken zu können.