Überarbeitete ATV DIN 18451 in Kraft getreten

Ein Fassadengerüst - Illubild für die Abrechungsnorm DIN 18451

Mit der zuletzt geltenden Fassung der ATV DIN 18451 aus dem Jahr 2016 gewann die Abrechnung von Gerüstbauleistungen nach Funktion und Verwendungszweck durch die Differenzierung nach Arbeits- und Schutzgerüst noch einmal an Bedeutung. Doch schon kurz nach Inkrafttreten dieser Fassung gingen die Meinungen darüber in der Praxis bereits wieder auseinander.

Für alle Beteiligten geriet die Verbundenheit von Arbeits- und Schutzgerüst nach den technischen Normen der DIN 12811-1 und DIN 4420-1 zum Widerspruch zu der nach Funktion getrennten Abrechnung in der ATV. Nicht nur von Seiten der Gerüstbauunternehmer, sondern auch seitens der Vergabestellen und Auftraggeber wuchs der Wunsch, Klarheit und weniger missverständliche Abgrenzungen in der Abrechnung von Gerüstbauverträgen zu bekommen, was zur Überarbeitung der DIN 18451 ab Mitte 2021 führte.

Alles jedoch ist nicht neu. Viele bisher bewährte Regelungen behalten weiterhin unverändert ihre Geltung. Die wichtigsten Änderungen betreffen die Regelungen für die Gebrauchsüberlassung und Ermittlung der Leistung.

Eine wesentliche Rolle bei der Ermittlung der dem Gerüstbauer zustehenden Vergütung nimmt Abschnitt 5 der DIN 18451 ein, in dem spezifische Abrechnungsmodalitäten für Gerüstbauleistungen festlegt werden.

Abschnitt 5.1 regelt zunächst in einem allgemeinen Teil Grundsätze für die Abrechnung von Gerüsten und Gerüstergänzungen. Zu erwähnen ist hier, dass entsprechend ihrer getrennten Ausschreibung der Auf -, Um- und Abbau von Gerüsten und die Gebrauchsüberlassung auch getrennt abgerechnet werden. Dementsprechend wird die Gebrauchsüberlassung nicht mehr unterteilt in eine (4-wöchige) Grundeinsatzzeit und die daran anschließende verlängerte Gebrauchsüberlassung, sondern von Anfang an als einheitliche Überlassungsleistung neben der Montage vereinbart und abgerechnet.

Ein dementsprechender Grundsatz wird auch für alle Gerüstergänzungen festgelegt. So sind z. B. Gerüstbekleidungen, Gerüstverbreiterungen, Schutzeinrichtungen, Überbrückungen, Gerüsttreppen und Treppentürme sowie Maßnahmen und Bauteile zur Lastumleitung gesondert und getrennt vom Gerüst abzurechnen. Auch hier gilt, dass zusätzlich zur Hauptposition Gerüst (z. B. Fassadengerüst) für die erforderlichen Gerüstergänzungen jeweils eigenständige Leistungspositionen vorzusehen sind, sowohl was die Montage/Demontage als auch deren Gebrauchsüberlassung angeht. Ein so klar definiertes Leistungssoll ermöglicht erst eine sichere Preisfindung und schafft damit die gewünschte Transparenz des Angebotes.

In Abschnitt 5.2 ist sodann beschrieben, wie die abrechenbaren Maße und Mengen einzelner Gerüsttypen ermittelt werden. Die erste und wichtigste Änderung betrifft die Bezugspunkte für die Leistungsermittlung. Wurde in der bisherigen Fassung (2016) je nach Bauart noch unterschieden, ob die Maße der eingerüsteten Fläche oder die Maße der Gerüste bzw. Gerüstbauteile maßgeblich sind, so ist mit der Neufassung 2023 nun einheitlich für alle Bauarten und Bauteile festgelegt, dass ausschließlich die technisch erforderlichen Maße an den Außenseiten der Gerüstkonstruktion Grundlage für die Leistungsermittlung sind.

Damit dürfte der Streitfrage, ob es sich um ein Arbeitsgerüst, ein Schutzgerüst oder gar eine Kombination aus beiden handelt, im Regelfall ein Ende gesetzt sein. Denn in der Norm wird nun nicht länger abrechnungsbezogen zwischen Arbeits- und Schutzgerüsten unterschieden, sondern diese z. B. als Fassadengerüste nach Abschnitt 5.2.1 DIN 18451 einheitlich nach dem tatsächlichem Längen- und Höhenmaß der erstellten Gerüste abgerechnet.

Auch weitere Streitfragen sind mit der Neufassung der Norm geklärt bzw. klärbar – etwa, was unter den Außenseiten der Gerüstkonstruktion zu verstehen ist oder welche Längen und Höhen technisch erforderlich sind. Dem Verwendungszweck z.B. eines Fassadengerüsts folgend – und nach allgemeinem Sprachgebrauch im Gerüstbau – ist die dem eingerüsteten Bauwerk oder Bauwerkteil abgewandte Seite des Gerüstes als dessen Außenseite anzusehen. Diese Außenseite ergibt sich in der Regel durch den vorgegebenen Abstand zwischen Bauwerk und Gerüstbelag (sog. Wandabstand) und die vorgegebene Breitenklasse des Gerüsts. Was die technisch erforderlichen Längen und Höhen angeht, wird in Abschnitt 5.1.6 bestimmt, dass sich diese durch technische Baubestimmungen, technische Regeln und Vorschriften sowie durch Vorgaben aus bautechnischen Nachweisen ergeben. Und nicht zuletzt sind die erforderlichen Maße durch die Vorgaben der Leistungsbeschreibung, insbesondere durch den anzugebenden Verwendungszeck und die Angaben zur Ausführung (Abschn. 0.2), bestimmt.

Neben den oben beschriebenen, wesentlichen Änderungen wurden mit der Neufassung der ATV DIN 18451 in nahezu allen Abschnitten konkretisierende Anpassungen vorgenommen. Diese hier ausführlich zu erläutern, würde jedoch den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Daher ist für alle Beteiligten eines Gerüstbauvorhabens zu empfehlen, sich mit den Regelungen der DIN 18451 im Detail vertraut zu machen.

In Bezug auf eine vertragliche Vereinbarung ist schließlich noch darauf hinzuweisen, dass die ATV DIN 18451 weder Gesetz noch Rechtsverordnung ist. Sie wird ausschließlich bei öffentlichen Vergaben nach der VOB/A automatisch Vertragsbestandteil. In allen anderen Fällen wird sie nur Vertragsbestandteil, wenn die Vertragsparteien dies vereinbart haben. Im unternehmerischen Rechtsverkehr ist die Vereinbarung zu empfehlen.

Die vollständig überarbeitete DIN 18451:2023-09 ist beim Beuth-Verlag erschienen und kann dort als PDF-Download oder als Druckversion bezogen werden.

 

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